1,5 Jahre Pandemie in den Bgld. Volkshochschulen
Wie Corona die Erwachsenenbildung
im Burgenland verändert hat
von Anika Reismüller-Kaupe | 30.September 2021
Die mittlerweile schon sehr lange andauernde COVID-19 Krise hat uns allen bereits viel abverlangt. Es ist ein allumfassendes Thema, welches auch den Bereich der Erwachsenenbildung von notwendigen Umstrukturierungsmaßnahmen nicht verschont hat.
Wie die Burgenländichen Volkshochschulen mit den Herausforderungen und Modifizierungen ihrer Erwachsenenbildungsangebote umgangen sind, erzählt Dr.in Christine Teuschler, Geschäftsführerin der Bgld. Volkshochschulen im Interview mit der BiB.

Wie hat sich die Pandemie auf Ihre Einrichtung ausgewirkt? Was hat sich im Vergleich zur Zeit „vor Corona“ verändert?
Die Corona-Pandemie hatte und hat grundlegende Auswirkungen auf die VHS als Institution und das VHS-Kursgeschehen. Von heute auf morgen waren wir mit einer vollkommen neuen Situation konfrontiert und mussten umgehend reagieren - mit Homeoffice, mit einer neuen Kommunikationsform per Videokonferenz, mit Kursabsagen, Kursunterbrechungen oder der Umstellung eines Teiles des Kursbetriebes auf Online-Unterricht, mit der Bereitstellung von digitalen Lerninhalten, mit Schulungsmaßnahmen für MitarbeiterInnen, KursleiterInnen aber auch KursteilnehmerInnen im Umgang mit den neuen digitalen Tools, etc.
Die damit einhergehenden wesentlichen Veränderungen sind:
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Die Burgenländischen Volkshochschulen sind dem - bereits vor der Corona-Krise - intern vereinbarten strategischen Ziel, digitaler zu werden, schneller als geplant ein großes Stück nähergekommen, und zwar sowohl in der institutionsinternen Kommunikation als auch in den Bewerbungsmaßnahmen nach außen und vor allem im Kursangebot und in der Methodik und Didaktik.
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Es gibt zusätzlich zum üblichen VHS-Standardprogramm in Präsenz auch ein eigenes Online-Programm im Angebot. Allerdings bevorzugen die VHS-KundInnnen nach wie vor eher die Präsenzkurse.
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Die BRP-Kurse wird es weiterhin im Hybrid- und Blended-learning-Format geben: Auf Grund der Corona-Krise wurden die BRP-Kurse sehr rasch auf online Formate umgestellt, was den Vorteil hat, dass sich dadurch die Kursteilnahme und die Zusammenlegung von Kursen über die Regionen hinweg möglich ist und somit die Kurse grundsätzlich besser belegt sind.
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Videokonferenzen als zusätzliche MitarbeiterInnnenkommunikationsform sind Standard geworden.
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Die Nutzung der Lernplattform LMS (Lernen mit System) von KursleiterInnen und KursteilnehmerInnen wird immer besser.
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Die Digitalisierung in der Administration und Kundenkommunikation (Versand von Zusagen und Zahlscheinen per e-mail, Newsletteranbindung an das Datenverwaltungsprogramm, etc.) wird Schritt für Schritt erweitert.
Worin lagen die größten Herausforderungen in den vergangenen 1,5 Jahren? Und was ist aktuell ein großes Thema?
Die größte Herausforderung lag in der Notwendigkeit der raschen Anpassung an die sich ändernden Situationen und Rahmenbedingungen. Für MitarbeiterInnen und KursleiterInnen erforderte das ein großes Maß an Flexibilität, zumal ein vorausschauendes Planen aufgrund der immer wieder geänderten Covid 19-Einschränkungen nicht möglich war. Dazu musste möglichst rasch die neu benötigte technische Infrastruktur geschaffen werden, während es zugleich zu Kurseinnahmenausfällen kam.
Die wesentlichsten Faktoren waren und sind teilweise noch immer:
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Covid-19-Verordnungen und Hygienemaßnahmen: Präventionskonzepte, notwendige Hygienemaßnahmen und die sich permanent ändernden Rahmenbedingungen aufgrund der jeweiligen Covid 19-Verordnungen (Abstandsregelung, Gruppengröße, Teststrategien, …) stellten und stellen nach wie vor eine große Herausforderung dar. Zudem waren wir mit einer permanenten Unsicherheit konfrontiert, in welchen Angebotsbereichen und in welcher Form eine Kursfortsetzung möglich bzw. Kursunterbrechung notwendig ist.
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Nachdem nur ein Teil der Kurse online fortgesetzt werden konnte und sowohl die Strukturkosten als auch die Personalkosten der hauptamtlich beschäftigten MitarbeiterInnen weiterhin in voller Höhe anfallen, waren Strategien und Überlegungen notwendig, um den Kurseinnahmenausfall zu minimieren. Durch Fördergelder aus dem NPO-Fonds konnte zumindest ein Teil des finanziellen Ausfalls ausgeglichen werden.
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Frei finanziertes Kursangebot: Um eine Umstellung auf Online-Kurse möglich zu machen, brauchte es Überzeugungsarbeit bei TrainerInnen und TeilnehmerInnen und es musste erst eine entsprechende Infrastruktur geschaffen werden, wie etwa Servisierung der Laptops, Zugänge zur online Plattform LMS, (datenschutzkonforme) Zoom-Lizenzen, Schulungsangebote zur Nutzung digitaler Tools, …
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Kursräume: Für unsere zahlreichen Kursangebote direkt vor Ort nutzen wir in der Regel Räumlichkeiten in der Gemeinde und Schulen. Die sich ändernden Betretungsverbote waren ebenso ein nicht vorhersehbarer Faktor in der Kursplanung und Kursdurchführung. An dieser Stelle ein Dankeschön an all jene Gemeinden, die uns hier trotz aller Schwierigkeiten ihr Räumlichkeiten immer wieder für unser Veranstaltungs- und Kurstätigkeit zur Verfügung stellten und stellen.
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ESF Projekte: Vor große Herausforderungen stellen uns auch die Abrechnungsmodalitäten und die Anerkennung der Dokumentationsnachweise aufgrund der Umstellung des Präsenzunterrichts auf unterschiedliche Unterrichtsformen (distance-learning, online-Unterricht, Schichtbetrieb, …).
Wie gehen die TeilnehmerInnen heute mit der nicht mehr neuen Covid Situation um? Werden heute E-learning Angebote besser angenommen als noch vor einem Jahr? Welche Veränderungen können Sie hier beobachten?
Die Erfahrungen sind je nach Angebotsbereiche und Zielgruppen (auch altersmäßig) unterschiedlich. Die Berufsreifeprüfungslehrgänge konnten in der Regel relativ rasch auf Online-Unterricht umgestellt werden, wodurch zum Vorteil der KursteilnehmerInnen eine Teilnahme aus allen Regionen des Landes möglich war. Auch ein Teil der Sprachkurse und einige Bewegungskurse wurden auf Online-Formate umgestellt, genauso wie auch Einzelveranstaltungen im Bereich der politischen Bildung.
Die Erfahrungen im freien Kursbereich zeigten und zeigen jedoch mehrheitlich, dass unsere TeilnehmerInnen nach wie vor Präsenzkurse bevorzugen. Die Bereitschaft auf Online-Angebote umzusteigen, nimmt mit Dauer der Pandemie eher ab. Hier neue Zielgruppen zu erreichen, scheint für uns vorerst nur begrenzt möglich.
Im Projektbereich (Basisbildung, Nachholen des Pflichtschulabschlusses und Kompetenzfeststellung) versuchten wir in der 1. Lockdown-Phase zunächst zumindest telefonisch, per mail oder per Post und soweit als möglich mit der online Plattform LMS (Lernen mit System) mit den TeilnehmerInnen Kontakt zu halten und sie mit Lernmaterialien zu versorgen. Die Rückmeldung der TeilnehmerInnen verlief sehr unterschiedlich. Die Schwierigkeit lag in der Erreichbarkeit einiger Zielgruppen, da teilweise nur ein Wertkarten-handy mit limitiertem Datenvolumen zur Verfügung stand und die betroffenen Personen keine e-mail Adresse eingerichtet hatten. Mit der Möglichkeit von Präsenzphasen und damit einhergehender digitaler Einschulung können auch diese Zielgruppen besser erreicht werden. Das Grundproblem einer mangelnden technischen Ausstattung und Infrastruktur bei diesen Personengruppen ist nach wie vorgegeben.
Wie erging es den TrainerInnen zu Beginn der Covid-19 Zeit, und wie gehen Sie 1,5 Jahre später damit um?
Auch die TrainerInnen standen von einem Tag auf den anderen vor der Herausforderung vom gewohnten Präsenzunterricht nach Möglichkeit auf Online-Unterricht umzustellen, was nicht überall sofort gelang. So wie auch die TeilnehmerInnen mussten auch die TrainerInnen erst motiviert werden sich mit den neuen digitalen Möglichkeiten vertraut zu machen.
Vor allem im ersten Lockdown war die (Weiter)-Beschäftigung der KursleiterInnen auf Werkvertragsbasis nur beschränkt bis kaum möglich. Für die freien DienstnehmerInnen gab es zumindest den Härtefallfonds. Mit stufenweisen Wieder-Hochfahren wurde die Situation insbesondere im Projektbereich etwas besser, da Basisbildung, Pflichtschulabschluss und Berufsreifeprüfung als abschlussbezogenen Maßnahmen auch in Präsenz durchgeführt werden konnten bzw. die TrainerInnen sich in der Zwischenzeit auch digital methodisch und didaktisch weiterentwickelt hatten.
Das neue Herbst-Kursprogramm ist fertig. Was hat sich beim Kursprogramm durch Covid geändert? Was ist neu? Was bekannt?
Unser burgenlandweites Kursprogramm ist in der Zwischenzeit örtlich und methodisch stärker durchmischt. Sowohl Outdoor- als auch Online-Angebote sind jetzt bereits fixer Bestandteil unseres Standardprogrammes und die Präsenzkurse bieten wir in verkürzter Form (weniger Termine) und für kleinere Gruppen an.
Nach 1,5 Jahre Pandemie, was ist Ihr persönliches Fazit? Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Es freut uns, dass es gelungen ist, den Personalstand (ohne Kurzarbeit) unverändert beizubehalten. Wir haben uns gemeinsam als VHS-Team digital weiterentwickelt, gewisse Neuerungen sind Standard geworden. Aber eines ist klar, das Selbstverständnis und die Stärke der Burgenländischen Volkshochschulen ist nach wie vor das Bildungsangebot in Präsenzform vor Ort als wesentlicher Faktor der persönlichen Begegnung und des Austausches in den vielen Gemeinden des Landes.
"Die größte Herausforderung lag in der Notwendigkeit der raschen Anpassung."
"Online-Angebote sind jetzt bereits fixer Bestandteil unseres Standardprogrammes."

Steckbrief:
Name: Dr.in Christine Teuschler
Funktion: Geschäftsführerin der Burgenländ. Volkshochschulen
Arbeitet in der Erwachsenenbildung seit: 1991
"COVID-19" verbinde ich in erster Linie mit............permanenter Herausforderung .